A model for regional optimization of electricity supply from photovoltaics

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DOI Nr.: https://doi.org/10.25929/ykqj-5g62

Roland Zink
Technische Hochschule Deggendorf
Technologie Campus Freyung

Wolfgang Dorner
Technische Hochschule Deggendorf
Technologie Campus Freyung

Luis Ramirez Camargo
Technische Hochschule Deggendorf
Technologie Campus Freyung
Universität für Bodenkultur Wien

 

ABSTRACT


Motiviert durch die Transformation des Energiesektors in Richtung dezentraler erneuerbarer Energien präsentiert dieser Beitrag eine innovative Methodik zur qualitativen Verbesserung der Vorhersage von Stromerträgen aus der Photovoltaik, um darauf aufbauend optimale regionale Versorgungsstrukturen modellieren zu können. Die Wetterabhängigkeit der Photovoltaik und die damit einhergehende hohe Variabilität der Erzeugung bereiten gerade bei regionalen Versorgungskonzepten Probleme, die Versorgungssicherheit gewährleisten zu können. Die Lösung wird häufig in der Verwendung von elektrischen Speichern und anderen intelligenten Erzeugern und Verbrauchern gesehen. Das hier vorgestellte Modell zur regionalen Optimierung der Stromversorgung aus Photovoltaik verbessert zum einen die Prognose der Stromerzeugung aus Photovoltaik hinsichtlich sowohl eines räumlichen als auch zeitlichen Aspektes. Zum anderen zeigt das „Spatial Energy Management Model“ einen Weg auf, wie sich der Stromnachfrage angepasste Ausbaustrategien der Photovoltaik ermitteln lassen. Anhand der Ortschaft Löwendorf im Landkreis Cham wird das Modell exemplarisch angewendet und verschiedene Szenarien für ein regionales Energiemanagement entwickelt. Die Ergebnisse zeigen im Vergleich zur gängigen Praxis des Photovoltaikausbaus, vornehmlich orientiert an der Maximierung individueller wirtschaftlicher Rentabilität, deutliche Verbesserungspotenziale. So kann für die Ortschaft Löwendorf durch die Anwendung des Modells bei gleichbleibender technologischer Durchdringungsrate sowohl die Höhe der installierten Photovoltaikleistung (kWp) als auch die notwendige Speicherkapazität (Wh) verringert werden. Die anhand des Modells erzielten Ergebnisse dienen der weiteren wissenschaftlichen Ausarbeitung von intelligenten Versorgungssystemen wie virtuellen Kraftwerken oder Smart Grids. Gleichzeitig liefert das Modell anwendungsorientiert wichtige Erkenntnisse für Energieversorger, für Kommunen oder die Infrastrukturplanung, um eine nachhaltige dezentrale Energieversorgung erfolgreich umzusetzen.

Motivated by the transformation of the energy sector towards decentralized renewable energies, this paper presents an innovative methodology for improving the quality of the prediction of energy yield from photovoltaics in order to model optimal regional supply structures. The weather dependency of photovoltaics and the concomitant high variability of generation cause problems for supply concepts at a regional scale with regard to ensuring security of supply. The solution is often seen in the use of electrical storage and other smart producers and/or consumers. The model for regional optimization of power from photovoltaics which is presented here first of all improves the forecast of electricity from photovoltaics in terms of a spatial and also a temporal aspect. Secondly, the „Spatial Energy Management Model“ shows a methodology on how to identify expansion strategies of photovoltaics which are adapted to the energy demand. A case study of the village of Löwendorf, located in the district of Cham, exemplifies the application of the model and develops different scenarios for a spatial energy management on a regional scale. The results indicate significant potential for improvement compared to the standard practice of the photovoltaic development, which is mainly oriented to the maximization of individual economic profitability. Thus, the amount of installed photovoltaic power (kWp), as well as the necessary storage capacity (Wh) can be reduced for Löwendorf by applying the model with constant technological penetration. On the one hand, the results achieved with the model serve to further scientific development of intelligent supply systems such as virtual power plants or smart grids. On the other hand, the model provides important application-oriented insights for utilities, municipalities or infrastructure planning in order to successfully implement a sustainable decentralized energy supply.


KEYWORDS

Geoinformation, Photovoltaik, Prognosemodell, Regionales Energiemanagement, UAV


 1. Einleitung

Erneuerbare Energien im Allgemeinen und die Photovoltaik im Speziellen reduzieren aufgrund ihres dezentralen Dargebots sowie der Nutzung regenerativer Ressourcen, (geopolitische) Abhängigkeiten von fossilen Energieträgern und verringern CO2-Emissionen. Die Transformation des Energiesystems hin zu diesen Energieformen ist dabei untrennbar mit einer räumlichen Komponente verknüpft: die Leistungen der Produzenten sinken, wohingegen deren Anzahl extrem ansteigt und Produktionsstandorte über den Raum verstreut entstehen. Alte Versorgungsstrukturen werden gebrochen und durch neue Energielandschaften ersetzt. Längst sind Geoinformationssysteme (GIS) im Energiebereich deshalb ein etabliertes Werkzeug und folgerichtig fester Bestandteil bei der Gestaltung der Energiewende [1, 2]. Sie zeigen z.B. auf, wo sich potenzielle Standorte verschiedener Energieformen befinden [3] oder welche Auswirkungen damit auf die Umwelt und das Landschaftsbild einhergehen [4-7].

Diese rein räumlichen Aspekte müssen bei der Modellierung intelligenter, dezentraler und regionaler Erzeugungssysteme – häufig auch als virtuelle Kraftwerke oder Kombikraftwerke bezeichnet [8] – allerdings um den raum-zeitlichen Aspekt ergänzt werden. Gerade die fluktuierenden und wetterabhängigen Technologien der Photovoltaik oder der Windkraft lassen sich nicht einfach der Nachfrage anpassen, weshalb die Information darüber, wann wo wie viel produziert wird, entscheidend ist [9]. Eine detaillierte Beachtung der zeitlichen Dimension in GIS-basierten Energieanalysen auf regionaler und kommunaler Ebene wird daher notwendig und ist Gegenstand aktueller Forschung [10-12].
Dieser Beitrag präsentiert, aufbauend auf Forschungsergebnissen sowohl zur Datenerhebung als auch zur Anlagenprognose und Optimierung von Versorgungsstrukturen [13-15] einen umfassenden Prozessablauf, der die gängigen Berechnungs- und Prognoseverfahren für die Photovoltaik erweitert, um den Ausbau der Photovoltaik für ein intelligentes Energiemanagement voranzubringen. Die präsentierte Methodik führt zu räumlich wie zeitlich hochaufgelösten Ergebnissen, anhand denen sich nicht nur Aussagen zur Eignung von Standorten, sondern auch zur Priorisierung der Bauvorhaben sowie zur Dimensionierung der Anlage(n) gewinnen lassen. Die Optimierung im entwickelten „Spatial Energie Management Model“ (SEM-Modell) orientiert sich dabei an der jeweiligen Zielsetzung der Versorgung, die von einer möglichst hohen regionalen Eigenversorgung über höchste wirtschaftliche Rentabilität bis hin zur Steigerung der Versorgungssicherheit in Verbundsystemen reichen kann. Folglich hebt sich dieser Ansatz von rein räumlichen Modellen ab und trägt dazu bei, eine definierte Nachfrage raum-zeitlich bestmöglich zu bedienen, um kostspielige Speicherlösungen zu minimieren.


2. Modell
Informationen darüber, wo sich Photovoltaikanlagen installieren und sich wirtschaftlich rentabel betreiben lassen, besitzen beim Umbau des Energiesystems hin zu dezentralen Strukturen eine entscheidende Rolle. Aufgrund ihrer hohen Anschaulichkeit eignen sich kartographische Darstellungen z.B. in Form eines WebGIS in hohem Maße, diese Informationen verständlich, schnell und einem großen Nutzerkreis zugänglich zu machen. Folglich wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Solarpotenzialkarten und Solarkataster entwickelt bzw. publiziert [16]. Informationssysteme wie etwa der Potenzialatlas Erneuerbare Energien für Baden Württemberg [17] geben detailliert Auskunft über die jährlich zu erwartende Sonneneinstrahlung (kWh/qm), den jährlich prognostizierten Stromertrag (kWh/kWp/a) oder die Wirtschaftlichkeit einer möglichen Anlage. Grundlage dieser WebGIS-Anwendungen sind Digitale Oberflächenmodelle und spezielle GIS-Analysewerkzeuge wie etwa ESRI Solar Analyst [18] oder das GrassGIS-Tool r.sun [19].
Die Qualität der so generierten Daten ist für Gebäudeeigentümer ausreichend, um sich über die eigenen Potenziale der Photovoltaik zu informieren. Für die Integration der Photovoltaik in virtuelle Kraftwerke bedarf es jedoch einer höheren sowohl zeitlichen als auch räumlichen Auflösung. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der wetterabhängigen Stromproduktion von Photovoltaikanlagen und der Intention Virtueller Kraftwerke, diese Schwankungen auszugleichen. Zielsetzung von hochaufgelösten Prognosemodellen ist es deshalb, über die Informationen der Jahresproduktion hinaus, Ertragswerte in fünf oder 15 Minutenintervallen mit einer hohen räumlichen Auflösung der Datengrundlage (z.B. Verschattung) zu generieren. Liegen derartige Daten vor, lassen sich auch Aussagen zur Integration der Anlagen in Virtuelle Kraftwerke oder zur optimalen Versorgung von Kommunen, Städten und Regionen erzeugen. Hierzu wird der gebräuchliche Prozessablauf von Prognosemodellen an drei Stellen erweitert (vgl. Abb. 1): (1) wird ein aktuelles hochaufgelöstes digitales Oberflächenmodell mittels Luftbildfotographie und photogrammetrischer 3D-Rekonstruktion erzeugt. (2) erfolgt die Generierung hochaufgelöster Ertragszeitreihen mittels eines Python-Skriptes in der GrassGIS-Umgebung und (3) die Implementierung des raum-zeitlichen Energiemanagements SEM-Modell ebenfalls in GrassGIS, NumPy und SciPy.



2.1 Hochaufgelöstes DOM
Die räumliche Auflösung des DOM wird zu Beginn des Prozesses durch eine eigenständige Oberflächenerfassung mittels UAS-Befliegung (Unmanded Aerial Systems) und photogrammetrischer Aufbereitung gesteigert. Kommerziell verfügbare LiDAR-Daten (Light Detection And Ranging), die häufig als Grundlage verwendet werden [20, 21], besitzen für Bayern eine angegebene Punktdichte von mindestens vier Punkten pro Quadratmeter und eine Rasterauflösung von 1m. Mit einer objektorientierten Befliegung lässt sich dieser Wert auf Bodenauflösungen unter 1cm verbessern [15]. Hierzu werden UAS wie Oktokopter (z.B. Asc. Tec, Falcon 8, http://www.astec.de/astec-trinity/) oder Flächenflieger eingesetzt, um aktuelle Luftbilder von den zu analysierenden Gebäuden zu machen. Die Luftbildgrundlage für das DOM0.25 (vgl. Abb. 2) der Ortschaft Löwendorf wurde mit einem UAS in Motorseglerkonfiguration (2,5m Spannweite) und einer 12 MPixel Casio EX Z-16-Kamera (Brennweite 6mm, kleinbildäquivalent 36mm) erfasst. Bei einer variablen Flughöhe von ca. 90m bis 200m über Grund ergibt sich eine Bodenauflösung der Luftbilder von durchschnittlich 0,028m.
Durch die mehrmalige Aufnahme eines Objektes (z.B. Gebäude) aus unterschiedlichen Positionen und Richtungen lässt sich mittels photogrammetrischer Bündelblocktriangulation die Oberfläche anschließend dreidimensional rekonstruieren. Das Bündelblockverfahren, bei welchem unabhängige Bilder von Beginn an als Gesamtverband trianguliert werden, wird gewählt, da die hohen Skalierungs- und Rotationsunterschiede der Flächenbefliegung die Restriktionen der klassischen Aerotriangulation überschreiten [22]. Die Rekonstruktion des DOM basiert schließlich auf dem Structure for Motion Tool (SFM) der Software AgiSoft PhotoScan, welche hinsichtlich erzeugter Punktdichte und lückenfüllender Punktabdeckung sehr leistungsfähig ist [23].
Mit dem SFM-Tool werden aus den Bildern 3D-Objektgeometrien abgeleitet. Die Bilder können dabei sequentiell aufgenommen sein und dürfen einer Positions- und Orientierungsänderung unterliegen, ohne z. B. die Kamerakalibrierung zu kennen. Die Rekonstruktion folgt einer automatischen Suche identischer Punkte in den Bildern, einer Vororientierung der Bilder sowie einer Bündelblockausgleichung. Zur Identifikation homologer Punkte kommen merkmalsbasierte Zuordnungsverfahren (Feature point detectoren) wie der SIFT- oder SURF-Algorithmus zum Einsatz. Eine Vororientierung der Bilder geschieht auf Basis homologer Punkte durch die Bestimmung der relativen Orientierung der Luftaufnahmen zueinander.
Resultat der Bündelblockausgleichung sind die Orientierungsparameter aller Kameras sowie die 3D-Koordinaten der Objektpunkte. Für alle prozessierten Bilder liegen folglich die relativen Orientierungen mit den X,Y,Z-Positionen und Rotationen um die drei Raumachsen Omega, Phi und Kappa vor. Ausgehend von den einzelnen Kamerapositionen und -rotationen erfolgt für jedes Bild ein Vorwärtsschnitt der Pixel entlang der Geometrie des inneren Kamerasystems. Die Positionierung eines Pixels im Modellraum ist dort, wo sich homologe Strahlenbündel unterschiedlicher Bilder schneiden. Ergebnis ist eine Dichte-Tiefe Punktwolke, deren Auflösung von Bildqualität, Kamerasystem und Flughöhe abhängt [24, 25]. Aus dieser Dichte-Tiefe Punktwolke lassen sich letztlich DOMs, Dreiecksvermaschungen (TIN) oder Orthobilder ableiten.

Abb. 2: Extraktion von Dachflächen aus unterschiedlichen Oberflächenmodellen

Unter Beachtung begrenzter Rechenkapazitäten und einer anwendungsbezogenen Vorgehensweise erweist sich eine Oberflächenauflösung von 0,25m als zielführend, damit einerseits das Modell handhabbar bleibt und andererseits für die Photovoltaik notwendige Objekte wie Dachgauben, Schornsteine oder Dachstrukturen adäquat erkenntlich sind. Abbildung 2 zeigt exemplarisch für Gebäude der Ortschaft Löwendorf (Lkr. Cham) einen Vergleich zwischen der potenziell für Photovoltaik als geeignet ermittelten Dachflächen aus LiDAR (DOM1) und aus dem selbsterstellten DOM0.25. Die Auswahl der abgebildeten Dachflächen erfolgt sowohl für das DOM1 als auch für das DOM0.25 mit einer maxlikehood unüberwachten Klassifizierung in vier Klassen, welche den vier Haupthimmelsrichtungen entsprechen. Zusätzlich wird eine Glättung im Nachbarschaftsbereich von drei Metern durchgeführt. In beiden Karten sind nur Dachflächen visualisiert, deren Größe sechs Quadratmeter (in etwa ein kWp installierte Photovoltaikleistung) überschreitet. Unterschiede sind vor allem hinsichtlich der Aktualität – drei Gebäude sind im DOM0.25 hinzugekommen – und der Detailschärfe der Dachflächen sowohl bei einfachen als auch komplexen Dachstrukturen zu erkennen. Die höhere räumliche Auflösung des DOM0.25 führt insbesondere zu exakteren Dachkanten. Insgesamt steigt die potenzielle Dachfläche für den Raumausschnitt stark an, was zum Großteil auf die Aktualität des LiDAR-Datensatzes und dem Fehlen der neu errichteten Gebäude zurückzuführen ist (vgl. Abb. 2).  

2.2 Generierung hochaufgelöster Ertragszeitreihen
Die zweite Verbesserung des Modells betrifft die zeitliche Auflösung der Prognose. Aufgrund der Abhängigkeit der Photovoltaik von Sonneneinstrahlung und Wetter ist hier die Integration von Wetterdaten notwendig. Die Generierung hochaufgelöster Ertragszeitreihen mit einer Auflösung von 15min Intervallen für ein gesamtes Jahr ist detailliert bei Ramirez Camargo et al. [14] dargelegt und erfordert eine breite Datenbasis.

Berechnungsgrundlage ist zum einen das selbsterstellte digitale Oberflächenmodell DOM0.25. Um aber auch Geländeeffekte abseits des kleinen Gebietes wie etwa Hügel in der Umgebung berücksichtigen zu können, wird dieses Oberflächenmodell zum anderen in das frei verfügbare „Digital Elevation Model over Europe“ (EU-DEM) [26] mit einer Rasterauflösung von 25 Meter eingebunden. Aus dem DOM0.25 werden zusätzlich weitere, für die Einstrahlungsberechnung notwendige Rasterdaten zur Ausrichtung und Neigung der Dachflächen abgeleitet. Auskunft über den benötigten Linke-Trübungsfaktor mit Streu- und Absorptionsbedingungen der Erdatmosphäre gibt die SoDa-Datenbank (SODA 2004). Die Koeffizienten zur direkten und diffusen Strahlung lassen sich schließlich als Faktor zwischen den gemessenen Werten für einen bewölkten Himmel und den berechneten Werten für einen klaren Himmel kalkulieren. Die Berechnung letzterer ist mit Hilfe des Open-Source GRASS GIS-Tools r.sun [19] und den genannten Daten bzw. Parametern möglich. Gemessene Werte liefert der Datensatz zu den Testreferenzjahren (TRY) des Deutschen Wetterdienstes [28]. Der TRY-Datensatz enthält für jede Stunde eines Jahres meteorologische Daten wie etwa die Sonneneinstrahlung und repräsentiert einen mittleren, für das Jahr und die Region typischen Wert. 

Um von reinen Einstrahlungswerten zu Stromertragswerten eine Photovoltaikanlage zu kommen, werden anschließend die erzeugten Zeitreihen der Solarstrahlung mit den Zeitreihen der Lufttemperatur zur jeweiligen Wetterregion aus den TRY-Daten unter Beachtung der spezifischen Anlagenparameter (Wirkungsgrade, Module, Wechselrichter, usw.) kombiniert. Die Berechnung liefert Ertragswerte in Wh je Quadratmeter Modulfläche in 15 Minuten Zeitschritten für das ganze Jahr. Die Berechnung stützt sich dabei auf die von Jakubiec & Reinhart publizierten Formeln [29] (S.133, Gleichungen 2,3 und 4). Multipliziert mit der zur Verfügung stehenden Modulfläche bzw. Dachfläche errechnet sich die Stromerzeugung einer Photovoltaikanlage.

Abbildung 3 visualisiert die modellierten Zeitreihen für ausgewählte Photovoltaikanlagen auf Gebäuden der untersuchten Ortschaft Löwendorf, einmal zur Winter- und einmal zur Sommersonnenwende. Beim Beitrag der jeweiligen Anlage zur Gesamterzeugung aller vier Anlagen im Verbund – in Abbildung 3 mit 100% gleichzusetzen – ist an allen abgebildeten Tagen deutlich die Himmelsausrichtung der Dächer zu erkennen. Zum einen tragen die Ausrichtungen Osten (rot) und Westen (grün) in etwa gegenläufig zur Stromproduktion bei, was insbesondere an den Tagen 21. Dezember und 22. Juni gut zu erkennen ist. Zum anderen gleichen sich Norden (gelb) und Süden (blau) trotz ihrer nahezu identischen Größe ebenfalls aus, indem der Beitrag zu Stromproduktion in der Höhe verschieden ist. Dies ist vor allem in den Wintertagen deutlich zu erkennen, wenn der Verlauf der Sonne niedrig am Horizont bleibt.
Abgesehen von den Zeitpunkten des Produktionsbeginns bzw. dessen Ende, sind es speziell die nach Osten und Westen ausgerichteten Anlagen, die hohe Schwankungen im prozentualen Beitrag zur Stromproduktion aufweisen. So variiert der Beitrag exemplarisch für die westlich orientierte Anlage sowohl am 20. Dezember als auch am 24. Juni zwischen den Extremwerten von etwa 15% bis über 30%. Derartig starke Variationen des Beitrages zur Stromerzeugung im Tagesverlauf sind bei den nach Süden oder Norden ausgerichteten Anlagen nicht zu verzeichnen, wodurch sie tendenziell zu einer konstanteren Stromabgabe beitragen.

Abb. 3: Prognose des Stromertrags verschieden ausgerichteter PV-Anlagen zur Sonnenwende (Nummerierung der Dächer in Abb. 2)


2.3 Räumliches Energiemanagement: SEM-Modell
Die dritte Erweiterung betrifft die Optimierung des Photovoltaik-Einsatzes hinsichtlich der jeweiligen Nachfragestruktur. Im Beispiel Löwendorf wird nur der Verbrauch innerhalb des dargestellten Gebietes modelliert. Der Stromverbrauch ist dabei auf 4.000 kWh je Haushalt festgelegt und mit dem Standardlastprofil für Haushalte vom Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) – seit 2007 Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) – in 15min Intervallen aufgeteilt. Ziel des räumlichen Energiemanagements im SEM-Modell ist es, Anlagenportfolios zu erörtern, die bestimmte Vorgaben hinsichtlich des Eigenversorgungsgrades erfüllen oder z.B. zur Minimierung von Speicherkapazitäten beitragen. Die Simulation wird mit Python, NumPy und SciPy durchgeführt. Ergebnisse liegen in tabellarischer Form vor und lassen sich mit Open Source GIS (z.B. GrassGIS oder QGIS) oder auch kommerziellen GIS (z.B. ESRI ArcGIS) visualisieren [13]. 

Abbildung 4 verdeutlicht die unterschiedlichen Ergebnisse für Löwendorf. Obwohl in dem dargestellten Beispiel jeweils das Ziel einer 50% Versorgung mit Photovoltaik angestrebt wird, unterscheidet sich die Auswahl der jeweils geeigneten Dachflächen. Soll der Verbrauch zu 50% anhand von Photovoltaikanlagen gedeckt werden, die einen maximalen Ertrag erzeugen und somit vermeintlich wirtschaftlich optimiert sind, erfolgt eine Auswahl von zwei südexponierten großen Dachflächen. Dieses Szenario ist in Abbildung 4 als PVmax50 bezeichnet und umfasst die grün eingefärbten Dächer. Wird demgegenüber eine möglichst passende Versorgung bei 50% Photovoltaikanteil angestrebt (PVproper50), fehlen nach Süden orientierte Dachflächen gänzlich, wohingegen die Auswahl nun tendenziell kleinere sowie unterschiedlich ausgerichtete und geneigte Flächen umfasst. Die räumliche Verteilung der Anlagen ist in Abbildung 4 durch die rot markierten Dachflächen ersichtlich. Zudem steigt die Anlagenzahl im Vergleich zu den zwei Anlagen aus Szenario PVmax50 auf sechs an.
Sieht man sich die Ergebnisse im Detail an, ergeben sich für den analysierten Raumausschnitt interessante Aspekte hinsichtlich eines regionalen Energiemanagements bzw. hinsichtlich regionaler Versorgungsstrukturen. Das Szenario einer 25% Stromversorgung mittels großer Photovoltaikanlagen (PVmax25) erörtert nur eine einzige Anlage. Folglich produziert diese Anlage, aufgrund des höchsten Ertrages pro qm ausgewählt, mehr als 25% des gesamten jährlichen Verbrauchs aller Gebäude. Gleichzeitig tritt allerdings an 528 15-Minuten Intervallen eine Überproduktion auf, was ca. 20% der tatsächlich in Anspruch genommenen Energiedienstleistung entspricht. Um diese Überversorgung tatsächlich speichern zu können, ist eine Speicherkapazität von ca. zwei kWh je installierter kWp-Photovoltaikleistung erforderlich.

Die Ergebnisse des präsentierten Fallbeispiels der Ortschaft Löwendorf zeigen insbesondere das Optimierungspotenzial einer regionalen Energieversorgung anhand von Photovoltaik auf. Die bisherige Förderpolitik durch das EEG orientiert sich sehr stark an wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Demzufolge sind Investoren bestrebt, eine geeignete Fläche so gut als möglich auszunutzen, was in vielen Fällen eine maximale Installation von Modulen auf maximaler Dachfläche bedeutet. Die Größe der Anlage spielt dahingehend eine Rolle, dass man den absoluten Energieertrag maximieren möchte, da die Vergütung je geleisteter Energieeinheit (kWh) gezahlt wird. Erst in jüngster Vergangenheit hat die Förderpolitik hier eine Umkehr vollzogen, indem ein gewisser Anteil der erzeugten Strommenge entweder selbst verbraucht oder direkt vermarktet werden muss. Ist dies der Fall, macht es durchaus Sinn, nicht mehr die gesamte zur Verfügung stehende Fläche für Photovoltaik zu nutzen sondern die Anlage dem Verbrauch entsprechend in ihrer Größe zu dimensionieren.
Dieser Aspekt kommt auch bei einer lokalen bzw. regionalen Energieversorgung zum Ausdruck. Das Szenario PVmax spiegelt die alte Förderpolitik wieder, indem für die Energieproduktion optimale, südexponierte große Dachflächen gewählt werden. Der Algorithmus wählt die Dachfläche aufgrund des höchsten Ertrages je Quadratmeter und ermittelt so energieeffizienteste und unter der Annahme gleicher Anlagenparameter damit auch die vermeintlich rentabelste. Das Szenario PVproper hingegen stellt eine optimale Anpassung an die Verbraucherseite dar. Interessant dabei ist, dass in beiden präsentierten Szenarien (25% und 50% Durchdringung) zwar die Anlagenzahl steigt, die installierte Gesamtleistung an Photovoltaik hingegen sinkt, wenn sich die Versorgungstruktur an der Stromnachfrage orientiert; ersichtlich am Vergleich zwischen PVmax und PVproper. Dies hat zur Folge, dass auch die Speicherkapazitäten und die Überversorgung erheblich sinken (vgl. Abb. 4). Wie das Beispiel Löwendorf zeigt, lassen sich durch eine sinnvolle regionale Energieplanung und ein intelligentes regionales Energiemanagement im Vergleich zu einem rein auf große Anlagen mit hoher wirtschaftlicher Rentabilität ausgelegten Ausbau der Photovoltaik erhebliche Optimierungspotenziale realisieren.

Abb. 4: Räumliche Szenarien

3.  Ausblick
Das vorgestellte Modell zur Verbesserung der Prognose von Photovoltaikanlagen generiert gegenüber den herkömmlichen Informationssystemen mit Aussagen zur Jahresproduktion oder der Wirtschaftlichkeit einer Anlage im Ergebnis wesentlich detailreichere Daten. Daher kann es für die konzeptionelle Gestaltung Virtueller Kraftwerke oder/und regional optimal angepasster Versorgungsstrukturen einen signifikanten Beitrag leisten. Dies trifft vor allem auf das räumliche Energiemanagement im SEM-Modell und dessen Optimierungsanalysen zu. Dennoch besteht auch in dieser Methodik noch Forschungsbedarf hinsichtlich der Prozessierung der Datenfülle, der Einbindung von Wetterdaten sowie der Anwendung des Algorithmus des SEM-Modells auf weitere erneuerbare Energietechnologien und unterschiedlichen Speichermedien.
Die Prozessierung der Datenfülle hängt in der Modellierung unmittelbar mit dem betrachteten Raumausschnitt zusammen. Wird, wie im Beispiel der Ortschaft Löwendorf aufgezeigt, ein kleines Gebiet betrachtet, ist sowohl die Datenerfassung mittels UAV als auch die eigenständige Erstellung des Oberflächenmodelles noch handhabbar. Die Methodik soll zukünftig aber auch für den Einsatz in größeren Ortschaften bzw. Gebietsumgriffen weiterentwickelt werden, weshalb die Methodik der Datenerfassung (ggf. mit bemannten Flugsystemen), der Datenaufbereitung (Auflösung des DOMs) und die Weiterverarbeitung des DOMs im Prognosemodell wesentliche Herausforderungen an die Rechnerkapazität darstellen. Diesbezüglich werden deshalb bereits weitergehende Tests mit verschiedenen Erfassungssystemen und Trägerplattformen durchgeführt, um künftig bei gleichbleibender Detailschärfe großflächigere Gebiete wie ganze Gemeindegebiete oder Städte zu modellieren.
Des Weiteren stellen sich bei der Einbindung der Wetterdaten Fragen hinsichtlich der Definition des typischen Jahres. Ein “typical Meteorological Year (TMY) or a Test Reference Year (TRY) or a Design Reference Year (DRY) has to be constructed to correspond to an “average” year, regarding both the occurrence and the persistence of warm/cold, sunny/overcast and/or dry/wet periods in all months or seasons” [30]. Es besteht keine Garantie, dass die statistisch generierten Datensätze auch tatsächlich die Wetterbedingungen eines Jahres wiedergeben. Die Bildung von Durchschnittswerten kann zudem Extremwetterereignisse glätten, deren Beachtung hinsichtlich einer stabilen Energieversorgung aber notwendig erscheint. Daher ist es ein weiteres Ziel, über die Verwendung von statistischen Wetterdaten hinaus auch auf meteorologische Echtzeitdaten oder auf sehr lange Zeitreihen empirischer Daten (20 oder 25 Jahre) zurückzugreifen, um ein möglichst breites Spektrum an verschiedenen wetterabhängigen Betriebsbedingungen abbilden zu können. Die Herausforderung hierbei besteht vor allem in der Verfügbarkeit und Zugänglichkeit zu entsprechenden Daten bei Analysen auf kleinräumiger kommunaler und regionaler Ebene.
Das Prognosemodell zeigt, dass sich für die Photovoltaik gute Aussagen treffen lassen. Die Methodik soll daher in einem nächsten Schritt auf weitere Technologien wie die Windkraft [13], Bioenergie, Wasserkraft oder alternative Speichersysteme übertragen werden, um so den Beitrag erneuerbarer Energien an einer sicheren Energieversorgung sukzessive zu steigern. Schließt die Methodik schließlich auch biogene Energieträger mit ein oder umfasst sie solarthermische Anlagen, bedarf es neben dem Strom- auch der Beachtung des Wärmesektors. Interdependenzen entstehen insbesondere bei Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und aufgrund der Flächenkonkurrenz zwischen Photovoltaik und Solarthermie, die eine einseitige Betrachtung nicht mehr ermöglichen. Aufbauend auf der präsentierten Methodik und den erzielten Ergebnissen lässt sich das Prognosemodell erweitern und zu einem wertvollen Werkzeug für die nachhaltige Gestaltung der Energiewende entwickeln.


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[24]    J. Bartelsen, “Orientierung von Bildverbänden mit großer Basis,” Dissertation, Fakultät für Bauingenieurwesen und Umweltwissenschaften, Universität der Bundeswehr München, München, 2012.
[25]    J. Yao and W. K. Cham, “RobustMulti-View Feature Matching from Multiple Unordered Views,” Pattern Recognition, vol. 40, no. 11, pp. 3081–3099, 2007.
[26]    European Environment Agency (EEA), Digital Elevation Model over Europe. Available: http://www.eea.europa.eu/data-and-maps/data/eu-dem.
[27]    SoDa-Solar Radiation Data, Time Series of Solar Radiation Data. Available: http://soda-is.com/eng/index.html.
[28]    Deutscher Wetterdienst (DWD), TRY. Available: http://www.dwd/TRY.
[29]    J. A. Jakubiec and C. F. Reinhart, “A method for predicting city-wide electricity gains from photovoltaic panels based on LiDAR and GIS data combined with hourly Daysim simulations,” Solar Energy, vol. 93, no. July, pp. 127–143, 2013.
[30]    R. Festa and C. F. Ratto, “Proposal of a numerical procedure to select Reference Years,” Solar Energy, vol. 50, no. 1, pp. 9–17, 1993.

 

Prof. Dr. Roland Zink


Roland Zink promovierte an der Universität Passau zum Thema der Transformation des Energiesektors und der Gestaltung nachhaltiger Energieversorgungsstrukturen aus einer räumlichen Perspektive. Seit 2013 ist er Professor für Raumwissenschaften und Informationssysteme an der Technischen Hochschule Deggendorf und wissenschaftlicher Leiter der Forschungsgruppe „Angewandte Energieforschung“ am Technologie Campus Freyung sowie Sprecher der Forschungsgruppe „Energiesysteme und Technologien“. Neben der weiteren Entwicklung raum-zeitlicher Energiemodelle konzentriert sich seine aktuelle Forschungstätigkeit auf innovative Partizipationsmöglichkeiten von Akteuren in räumlichen Planungsprozessen durch neue Medien.  
   
Roland Zink received his doctorate at the University Passau on the subject of the transition of the energy sector and the designing of a sustainable energy supply under a spatial perspective. Since 2013 he has been professor for Spatial Sciences and Information Technology at Deggendorf Institute of Technology, scientific head of the research group “Applied Energy Research” at the Technology Campus Freyung and also spokesman of the research group “Energy Systems and Technologies”. Besides the further development of spatio-temporal energy models, his current research focuses on innovative opportunities for participation of stakeholders in spatial planning processes through new media.

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Dipl.-Ing. Luis Ramirez Camargo


Luis Ramirez Camargo absolvierte einen Master-Abschluss in Umwelt- und Bioressourcenmanagement mit dem Schwerpunkt Erneuerbare Energien. Gegenwärtig ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Hochschule Deggendorf beschäftigt und als Doktorand an der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien eingeschrieben. In seinen Forschungsarbeiten beschäftigt er sich mit der Modellierung und Simulation von erneuerbaren Energieträgern und der Energienachfrage in räumlich und zeitlich hoher Auflösung zur Planung virtueller Kraftwerke auf kommunaler und regionaler Ebene.

Luis Ramirez Camargo holds a master degree in environment and bioresources management with emphasis in renewable energies. He is currently research associated at the Deggendorf Institute of Technology and doctoral student at the university of natural resources and life sciences of Vienna (Austria). His research focuses on the modeling and simulation of renewable energy sources and energy demand in a high spatiotemporal resolution for planning virtual power plants at the municipal and regional scale.

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Prof. Dr. Wolfgang Dorner


Prof. Dr. Wolfgang Dorner hat an der Paris Lodron Universität Salzburg den Master-Studiengang Geoinformatik absolviert (M.Sc.) und an der University of Southern Queensland (Australien) promoviert (Ph.D.). Seit 2009 ist er als Professor für Geoinformatik und Geoinformationssysteme, Umweltinformatik und Umweltinformationssysteme an der Technischen Hochschule Deggendorf (THD) tätig. Außerdem ist er seit 2011 wissenschaftlicher Leiter des Technologie Campus Freyung, einer Forschungseinrichtung der THD. Schwerpunkte seiner Forschungstätigkeit sind räumlich-zeitliche Modelle und deren Anwendung in verschiedenen umweltbezogenen, gesellschaftlichen und technischen Bereichen. An der THD unterrichtet er das Schwerpunktfach ‚Mobile und räumliche Systeme‘ im Rahmen des Bachelor-Studiengangs Angewandte Informatik/Infotronik und ist Dozent im Research-Master-Programm der THD. Darüber hinaus ist Prof. Dr. Dorner außerordentlicher wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lehrbeauftragter an der Charles Sturt University (Australien) und der Universidad Nacional de Salta (Argentinien).

Wolfgang Dorner holds a Master of Science in Geomatics from Paris Lodron University Salzburg (Austria) and a Ph.D. from University of Southern Queensland (Australia). Since 2009 he is Professor for Computer Science at Deggendorf Institute of Technology and since 2011 head of institute of Technology Campus Freyung, a research institute of DIT. His research is focused on spatio-temporal models and the application in different environmental, societal and technical domains. He is teaching in the major „Mobile and Spatial Computing“ in the Computer Science Bachelor program and the Research Master program of DIT. He is adjunct researcher and lecturer at Charles Sturt University (Australia) and Universidad Nacional de Salta.

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